Antragspaket: Schaffung von bezahlbarem Wohnraum

12.06.21 –

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Beuting,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Wohnraum in Murnau ist weiterhin Mangelware, bezahlbarer Wohnraum erst recht. Der Gemeinderat muss hierzu alle verfügbaren Mittel ausschöpfen und entsprechende Anpassungen von Instrumentarien vornehmen.

Darüber hinaus müssen wir endlich in eine ehrliche Grundsatzdebatte eintreten, wie viel Fläche wir überhaupt noch versiegeln wollen und wo die Grenzen des Wachstums von Murnau sein sollen. Diese Debatte erfordert Mut und Weitsicht, sie wird nicht einfach sein, sie wird möglicherweise auch schmerzhaft sein, doch ist sie angesichts der Klimakatastrophe und ihrer dramatischen Folgen für uns alle mehr als überfällig. Unser Zeitfenster für Maßnahmen um das 1,5 Grad Ziel noch zu erreichen, ist denkbar knapp. Effektive und klimaschonende Baumaßnahmen sowie eine möglichst geringe Flächenversiegelung sind ein Baustein auf dem Weg dorthin.

Lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg mit großen Schritten beschreiten.

Jeder der fünf folgenden Anträge ist als Einzelantrag zu sehen und jeweils entsprechend einzeln zu behandeln.

Bei Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit besten Grüßen,
Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen

Antrag 1
Bebauung des Parkplatz Bahnhofsstraße, Fl.Nr. 1151/2

Der Marktgemeinderat möge beschließen:

Um weiteren bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und gleichzeitig auch mit der Überplanung von bereits versiegelter Fläche möglichst klimafreundlich zu bauen, gilt es, insbesondere überplanbare Flächen wie Parkplätze zu betrachten. Der Parkplatz in der Bahnhofsstr., Flurnummer 1151/2, wird für eine aufgeständerte Wohnbebauung durch eine Genossenschaft ausgeschrieben. Im Rahmen eines Bürger*innenbeteiligungsprozesses soll ein vorhabenbezogener Bebauungsplan aufgestellt werden, der eine möglichst dichte Bebauung bei gleichzeitig hoher Wohnqualität ermöglicht. Der Bebauungsplan soll möglichst viele Festsetzungen in Bezug auf die Baumaterialien, den Einsatz von regenerativen Energiequellen und -techniken sowie flexible Raumkonzepte enthalten. Das Gebäude soll möglichst von allen Seiten optimal begrünt werden. Die bestehenden Parkplätze sollen so weit möglich erhalten bleiben. Der Stellplatzschlüssel soll für das Vorhaben insofern geändert werden, dass nur 1 Fahrzeug pro Wohnung zugelassen ist, im Gegenzug soll ein Leihradsystem für E-Räder und E-Lastenräder integriert werden.

Begründung

Bereits zweimal wurde unser Antrag auf aufgeständerten Wohnbau auf diesem Grundstück gestellt. Dabei zeigte sich trotz initialer Gesamtablehnung durchaus ein Großteil des Gremiums für diese neue Art zu bauen aufgeschlossen. Aufgrund der Zeitungsberichte damals gab es bereits ein konkretes Interesse einer Genossenschaft an einer Realisierung genau für dieses Projekt. Für die Umsetzung dort gab es einen weiteren Antrag unsererseits, dieser wurde bis heute nicht abschließend behandelt bzw. beschlossen.

Antrag 2
Kein Verkauf kommunaler Flächen


Der Marktgemeinderat möge beschließen:

Kommunale Flächen jeglicher Art werden nicht mehr verkauft. Im Rahmen einer Neuordnung der gemeindlichen Grund- und Bodenpolitik werden möglichst alle verfügbaren Flächen angekauft. Zu städtebaulichen Zwecken können ausnahmsweise Tauschverträge oder Abtretungen zugelassen werden, sofern dadurch erhebliche Mehrwerte für die Allgemeinheit geschaffen werden, z.B. Radwege. Diese sind jeweils einzeln zum Beschluss dem Gemeinderat vorzulegen, unabhängig von Größe und Verkehrswert.

Begründung:

Wir sind dafür verantwortlich, die Preisspirale des Immobilienmarktes nicht weiter mit anzuheizen und bei allem kommunalen Denken und Handelns auch nicht die globalen Zusammenhänge zu vergessen. Es gibt weltweit bereits zu viel versiegelteFläche. Unendliches Wachstum und ein immer mehr, immer weiter, immer höher wird keine Lösungen bringen, nur neue Probleme verursachen. Wir als Kommune können und müssen global denken und lokal handeln. Indem wir unsere Flächen bewahren und möglichst schonend damit umgehen. Kontrolle über die Flächen schafft ein Kontrollinstrument über den Flächenfraß.

Antrag 3
Änderung des Stellplatzschlüssels

Sicherlich ist das Auto als Mobilitätsmittel für den Individualverkehr aus dem ländlichen Raum noch lange nicht gänzlich wegzudenken. Gleichwohl kann und darf es nicht länger die höchste Priorität haben. Weder im Mobilitätsangebot, noch im Verkehrswesen noch in der Bauordnung. Unser derzeitiger Stellplatzschlüssel räumt klar dem motorisierten Individualverkehr einen hohen Stellenwert ein und trägt dazu auch noch zu einer Verteuerung der Baukosten sowie einer erhöhten Flächenversiegelung bei. Durch die Nachverdichtung an sich erhöht sich zudem der Parkdruck in den Wohngebieten.

Der Marktgemeinderat möge beschließen:

Die Marktgemeinde erlässt eine eigene Satzung über die Herstellung von Kraftfahrzeugstellplätzen und Fahrradabstellplätzen, die als Eckpunkte enthält,

  • Garagenanlagen auch als ausgelagerte Anlagen abseits der Wohngebäude installiert werden können, bevorzugt in der Nähe von Haltestellen des ÖPNV.
  • Stellplätze, insbesondere bei Tiefgaragen, künftig getrennt vermietet bzw. verkauft werden können, so dass die Kosten dafür an ein Auto und nicht an die Wohnung gebunden werden.
  • die Anzahl der geforderten Stellplätze pro Wohneinheit grundsätzlich deutlich verringert wird, die der Radabstellplätze dagegen erhöht.

Begründung

Stellplätze auf dem Grundstück nachgewiesen werden müssen. Also z.B. bei größeren Häusern werden dann gleich mal 3 Autos als normal angesehen und es müssen auch so viele Parkplätze gebaut werden. Mit nur einem Auto wird dagegen kaum gerechnet. Hier kann die Kommune über eigene Satzung zur Verkehrswende beitragen. Indem weniger Autos besitzen belohnt wird, denn weniger Parkflächen schaffen zu müssen, spart Baukosten und CO2 Ausstoß. Dies kann auch z.B. an die Vergabe von genossenschaftlichen Wohnungen gekoppelt werden.

Als Beispiel kann die Satzung der Stadt Erlangen dienen:
https://gribs.net/fileadmin/GRIBS/Antragsboersen-Anhaenge/Bauen/Neubau/Erlangen-7.10.2016_Stellplatzsatzung.pdf

Antrag 4
Neuaufstellung des Flächennutzungsplans

Der Marktgemeinderat möge beschließen:

Der Marktgemeinderat beginnt umgehend mit der Wiederaufnahme der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans. Im Zuge des Prozess wird eine Grundsatzentscheidung hinsichtlich des künftigen Bevölkerungswachstums unter klimapolitischen Aspekten und der Flächenfraßthematik getroffen und damit verbundene planerische Gestaltungsmöglichkeiten und Realitäten werden verbindlich festgesetzt.

Begründung

Der Flächennutzungsplan ist das zentrale Steuerungselement für siedlungsrelevante Planungsprozesse. Der Erstellungsprozess wird ca. 2-3 Jahre in Anspruch nehmen, gerade aus Klimaschutzgründen ist eine umgehende und schnelle Wiederaufnahme der Erstellung geboten. Auch das Bauen und die städtebaulichen Entwicklungen haben direkten Einfluss auf die Erreichung der Pariser Klimaziele. Deshalb müssen wir uns dringend ernsthaft mit Themen wie Zuzug und dem Erhalt von Grünflächen sowie der Grundsatzfrage, wie viel Fläche darf noch noch versiegelt werden, beschäftigen.

Antrag 5
Bebauung kommunaler Flächen

Der Marktgemeinderat möge beschließen:

Der Gemeinderat trifft eine Grundsatzentscheidung, welche kommunalen Flächen für Wohnbau im Kontext der gesamten Ortsentwicklung und unter Klimaschutzaspekten überhaupt geeignet sind und grundsätzlich bebaut werden sollen. Folgende Grundstücke sollen in Rahmen einer intensiven Debatte unter transparenter Einbeziehung der Bürger*innen, z.B. über einen Bürgerrat - der themenspezifisch eingesetzt wird , diskutiert und priorisiert werden:

  • James-Loeb Areal
  • Hechendorf, „In der Au“
  • Weindorf, Froschhauserstraße
  • Feuerwehr, derzeitiger Standort
  • Eisstockschützenplatz

Sowohl die Diskussion im Gemeinderatsgremium als auch ein Bürgerrat soll von städtebaulichen Fachleuten mit Schwerpunkt Bauen und Klima vorbereitet, begleitet und moderiert werden.

Begründung

Bezahlbarer Wohnraum ist weiterhin knapp. Der Flächenversiegelung muss allein schon aus Klimaschutzgründen Einhalt geboten werden. Um echten bezahlbaren Wohnraum und eine Durchmischung aller Einkommensgruppen zu erreichen, dürfen Bauprojekte nicht dem sogenannten Markt und damit letztlich Investor*innen überlassen werden. Auf kommunalen Grundstücken kann und soll nur genau der Wohnraum entstehen, den Murnau für seine Bürgerinnen und Bürger in den kommenden Jahrzehnten braucht. Durch eine Verknappung des privaten Wohnraumangebots mittels einer deutlichen Erhöhung des kommunalen Angebots - auch über Genossenschaften - kann hier marktregulierend eine Steuerung stattfinden. Dies wollen wir mit der Diskussion über realistische Grundstücken ermöglichen.