Redebeitrag Veronika Jones, Gemeinderatssitzung 28. Mai 2020 Zum Tagesordnungspunkt 11, Umbau Raum im Kemmelpark für KiTa:

Zunächst mal finde ich es sehr positiv, dass sich nun so viele mit der Wichtigkeit des Themas Kinderbetreuung beschäftigen.

Wir Grüne weisen seit Jahren wiederholt darauf hin, dass wir grundsätzlich zu wenig Betreuungsplätze haben. Und zwar von der Krippe über die Kindergärten bis zu den Horten. Dass wir das Wohl der Kinder und die Lebens- und Arbeitswirklichkeiten der Eltern mit dem Betreuungsangebot in Einklang bringen müssen, und zwar Lösungen, die nicht nur gut sind, sondern lange Bestand haben und Puffer bieten.

Ebenso haben meines Wissens nach bereits letztes Jahr die Kindergartenleitungen darauf hingewiesen, dass aus ihrer Sicht die Plätze dieses Jahr nicht reichen werden. Warum also wurde so lange nicht reagiert?

Heute stehen wir vor dem Scherbenhaufen einer missglückten Politik in Sachen Kinderbetreuung. Ein Thema, das oft stiefmütterlich behandelt wird, denn es kostet viel Geld, ist immer ein Draufzahlgeschäft.

Dabei muss man dieses Thema aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Kinder sind unser höchstes Gut. Kinder sind unsere Zukunft. Und um ihnen, und damit uns selbst, eine bestmögliche Zukunft bieten zu können, braucht es bestmögliche Betreuungsangebote. Oder besser gesagt, Bildungsangebote. Denn ein Großteil der Kinder verbringt einen Großteil des Tages in der Bildungseinrichtung, wir Eltern übertragen diesen Einrichtungen eine große Verantwortung hinsichtlich der Erziehung unserer Kinder und schenken ihnen damit auch sehr großes Vertrauen.

Und das geht nur, wenn wir uns darauf verlassen können, dass die Qualität des pädagogischen Angebots, höchsten Ansprüchen genügt.

Ja, das ist nicht immer der Fall, heißt aber nicht, dass es dann schlecht ist, denn es liegt ja oft nicht am Personal, sondern vielleicht an der Ausstattung oder den Räumlichkeiten. Auch wenn es also vieles gibt, was wir ändern könnten und auch durchaus viele ändern wollen, wäre es denn so einfach möglich, haben wir insg. In Murnau ein sehr gutes und vielseitiges Angebot.

Bis eben auf die Anzahl der Plätze. Jahrelang wurde uns vorgerechnet, wir hätten ausreichend Plätze. Der Fehler in der Rechnung war anzunehmen, dass alle Kinder immer pumperlgesund sind, erst mit 3 Jahren in den Kindergarten gehen und möglichst wenig Zuzug, schon gleich gar keiner von Familien mit anderen Muttersprachen oder gar Geflüchteten erfolgt.

Und diese, ich sag mal sehr konservative Rechenweise, die für den kommunalen Geldbeutel immer gut war, fällt uns jetzt auf die Füße. Und zwar als Betonklotz.

Denn es ist selbstverständlich auch Kinder mit Beeinträchtigungen aufzunehmen. Es ist schon immer so gewesen, dass diese Kinder, aber auch Kinder unter 3 Jahren, Kinder mit einem bestimmten Förderbedarf usw. rechnerisch bis zu 4,5 Plätze einnehmen.

Das ist also weder neu noch überraschend noch gar negativ zu sehen. Negativ zu sehen ist lediglich, dass es nicht in bisherige Berechnungen einfloss.

Aus der Not heraus hat dann die Leitung des gemeindlichen KiGas Drachennest ein integriertes waldpädagogisches Konzept entworfen, d.h. es gibt eine Jurte oder ein Tipi oder einen Bauwagen, diese Unterschlupfmöglichkeit wird im Wald oder in einem waldähnlichen Gelände, z.B. eben einem Park – davon haben wir ja ein paar, aufgestellt, die Kinder verbringen viel Zeit draußen, können mittags zum Essen ins Drachennest gehen und weil dort ab frühem Nachmittag einige Kinder die Einrichtung verlassen, für den restlichen Tag dort bleiben. Ebenso wäre denkbar, dass über ein rotierendes System ALLE Kinder des Kindergartens dort wechseln in den Genuss dieses sehr wertvollen Zusatzprogramms kommen.

Hier wurde uns gesagt, es wäre nicht genehmigungsfähig und die Eltern würden das nicht wollen.
Nun, es gibt – auch in Bayern – Einrichtungen mit eben so einem Zusatzangebot. Mit entsprechendem Nachdruck seitens der Verwaltung, des Bürgermeisters selbst beim Landratsamt als zuständige Behörde, bin ich überzeugt, dass man im gemeinsamen Gespräch hier hätte eine Lösung in Form einer Genehmigung finden können.
Und dass die Eltern das nicht wollen, ist auch nicht bestätigt. Soweit mir bekannt, wurden alle betroffenen Familien telefonisch angefragt, ob Interesse bestünde. Dabei haben 16 von 25 Familien durchaus Interesse bekundet!!! Das sind also fast 2/3! Meine Definition von „Eltern wollen das nicht“ sieht anders aus.
Wieso sind diese Informationen nicht an den Gemeinderat geflossen?

Dem Gemeinderat wurde dann die Lösung mit dem Raum im Kemmelpark angepriesen.

Ja, diese Lösung ist auch keine schöne. Es gibt noch kein festes Konzept, die Gespräche mit dem potentiellen Träger Bienenhaus wurden erst Anfang dieser Woche finalisiert, der Raum muss noch teuer umgebaut werden.

Nun, was wäre denn die Alternative?
Das naturpädagogische Konzept des Drachennests hat Stand heute wohl eher keine Chance auf Umsetzung bis September. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich mich weiter für dessen Umsetzung einsetzen werden, in der Hoffnung, dies dann unterjährig im kommenden Kindergartenjahr anbieten zu können. Denn wir weiter auch noch weitere Plätze benötigen um den Bedarf unter dem Jahr auffangen zu können, um den Betreuungsschlüssel besser zu machen. Dann können wir auch gerne wieder darüber reden, wie viel uns gute Betreuung wert ist.

Ins Spiel kommt nun wohl noch der Standort am St. Nikolaus Kindergarten. Zu recht fragen sich viele, warum man denn nicht dort angefragt hat. Da stehen doch schon Container für die dortige Zusatzgruppe, stellen wir doch noch welche hin, und die Einrichtung muss ja eh neugebaut werden.

Ich habe heute mit Herrn Kühn, dem Trägervertreter des KiGa St. Nikolaus gesprochen. Bei ihm hat die Kommune tatsächlich nicht angefragt. Natürlich steht er für Gespräche zur Verfügung. Nur, auch er gibt schon mal in aller Kürze zu bedenken, ob da überhaupt ausreichend Platz ist? Ob die entsprechenden Genehmigungen rechtzeitig gegeben werden können? Dass erstmal in die Diskussion mit der Kirchenverwaltung gesucht werden muss. Sprich: lehnen wir das heute ab, dann wird sich der Prozess um eine Lösungssuche noch weitere Wochen ins Land ziehen, mit der Option, dass wir keine, oder zumindest nicht für alle Kinder ab September einen Platz haben werden.

Bleiben also die Befürchtungen und Sorgen der Eltern, der Familien derer Kinder, die nun noch keine Zusage haben.

Fakt ist, egal welche Lösung es gibt, es gibt noch kein Personal! Ohne Personal können keine Kinder aufgenommen werden. Findet man zwar Personal, aber nur einen Teil, kann nur ein Teil der Kinder aufgenommen werden.

Fakt ist auch, dass egal an welchen Standort, ob Bienenhaus oder St. Nikolaus, wahrscheinlich alle neuen Kinder in die neue Gruppe gegangen wären. Die Befürchtung, dass eine Gruppe, die aus lauter neuen Kindergartenkindern besteht automatisch irgendwie schlecht sei, ist – gelinde gesagt – Quatsch. Egal wie viele Kinder in einer Gruppe neu sind – schauen Sie sich doch mal die Krippe an, da sind von 12 Kindern oft 8 im September neu, also auch fast einen ganze Gruppe – es gibt natürlich trotzdem immer ein Eingewöhnungskonzept und es kommen nie alle neuen Kinder zum gleichen Zeitpunkt, sondern das wird abgestuft gemacht. Auch das übrigens ein Zeichen für die Qualitätsentwicklung unserer Einrichtungen.

In einem Gespräch mit dem Bienenhaus habe ich weiter erfahren, dass sich die Einrichtung bereits ganz zu Beginn in die Diskussion eingebracht hatte, Ansatz Teil der Lösung zu sein. Und zwar konkret, dass ein Raum im Untergeschoss so umgebaut wird, dass da eine Kleingruppe, oder eine eigene Gruppe für Unter-3-jährige, geschaffen wird. Dies sei von der Gemeinde abgelehnt worden, weil die Kosten für Umbau und Brandschutzmaßnahmen als zu teuer erachtet wurden. Überlegen: Lösung im Bestandsgebäude, hätte dort so bleiben können. Und war das schon vor ein paar Jahren bereits in der Diskussion.
Auch hier stellt sich mir die Frage, wieso diese Information über das Angebot nicht dem Gemeinderat zuging?

Und zum Thema Container, und zwar völlig egal, an welchem Standort, St. Nikolaus oder beim Drachennest:
Waren Sie schon mal in einem Container? Bei brütender Hitze im Sommer? Bei Eiseskälte im Winter? Und das 8, 9 Stunden am Stück?
Probieren Sie es gerne mal aus, hören Sie wie es sich mit dem Lärm verhält, fühlen Sie Isolationseigenschaften, oder wahlweise das Brummen einer Klimaanlage, fragen Sie mal Expert*innen im Bereich Kinderbetreuung, die Erfahrung mit Containern haben, wie sieht es aus mit der Gestaltungs- und Einrichtungsmöglichkeit? Wandgestaltung? Umgestaltung in regelmäßigen Abständen, wie das öfter mal gemacht wird?
Nochmal, viele Kinder verbringen dort bis zu 9 Stunden am Tag. Es heißt, KiTa sollen familienähnliche Strukturen schaffen. Wohnen bei uns Familien in Containern?

Meine Wahrnehmung ist, viele Eltern sind zutiefst verunsichert, fühlen sich sehr allein gelassen, hängen in der Luft und das zusätzlich zur ganzen Corona Thematik.
Verständlicherweise wollen alle Eltern das Beste für ihre Kinder, sie erwarten gute Pädagogik und tolle Konzepte.
Ich glaube, hier täte es sehr gut, wenn wir in dieser Richtung mal etwas hören könnten. Denn ich bin davon überzeugt, dass egal welche Lösung es jetzt sein wird, sich alle Einrichtungen genau darum bemühen werden. Um bestmögliche Qualität. Aber ich glaube auch, dass es in diesem Stadium, in dem ja noch kaum Informationen vorliegen, wie genau die Räumlichkeiten ausgestaltet werden können, wo genau es sein soll, dass man hier schon wirklich genaue Angabe machen kann.

Und dass die wahre Verunsicherung und die – zurecht ausgedrückte Verärgerung – von der komplett intransparenten Vorgehensweise und der mangelhaften Informationspolitik herrühren.

Mein Fazit zum Beschlussvorschlag ist, und nach sehr reiflicher Überlegung und vor allem auch nach meinen persönlichen Gesprächen mit allen Einrichtungen und Betroffenen, meine ich, dass eine Lösung im Kemmelpark tatsächlich noch die Beste ist.

Und zwar weil

  1. Container immer schlechter sind als ein festes Gebäude
  2. Eine Containerübergangslösung sich sehr oft als „nicht hält so lange wie ein Provisorium“ erweist.
  3. Der Raum im Kemmelpark könnte, sollte sich dann eine andere Lösung finden, die dauerhaft Bestand hat, sei es teilw. In einer Kleingruppe im Bestandshaus des Bienenhaus und eine anderer Teil im Drachennest, könnte also dann ggf. Für eine ebenfalls dringend benötigte Erweiterung der Krippenplätze genutzt werden.
  4. Wir einen Beschluss haben, dass wir sowohl für den Drachennest Hort als auch für den Bienenhaushort einen Neubau planen müssen, und zwar möglicherweise schon sehr bald, und da brauchen wir dann die Wiese zwischen Drachennest und Pfarrhaus als Übergangslösung für die Horte.
  5. Und es fällt mir in diesem Fall jetzt nicht leicht, der Verwaltung recht zu geben, nur, wenn wir wirklich für September eine Lösung schaffen wollen, dann können wir das Thema nicht mehr auf die lange Bank schieben. Stellen wir uns vor, St. Nikolaus ist keine Option, es wird dann doch das Bienenhaus. Dann fangen wir in 3, 4, 5, 6 Wochen wieder dort mit der Planung an. Natürlich macht es auch für das Bienenhaus keinen Sinn, sich ein Konzept zu überlegen, dass womöglich nicht gebraucht wird. Also wären wir am Anfang.

Zu guter Letzt beantrage ich hiermit noch den Beschluss zu ergänzen und aufzunehmen, dass es sich um die Schaffung einer Übergangslösung handelt und sich die Gemeinde umgehend intensiv mit der Schaffung weiterer Plätze, die dauerhaft Bestand haben, auseinandersetzt und zwar gemeinsam mit allen Einrichtungen.

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