Mit Sparen in die Zukunft investieren?

10.03.15 –

Es ist zwar richtig, dass es auch zu unseren Aufgaben als Politiker_innen gehört, dass wir mit dem uns anvertrauten Geld sorgsam umgehen und nicht unkontrolliert und permanent neue Schulden anhäufen.

Wie sieht dies jedoch im Bereich der Bildung aus? Zunächst sollten wir uns einmal klar machen, dass Bildung nicht nur aus dem Bereich der Schulen und Universitäten besteht, sondern dass Bildung bereits ganz unten, bei den Kinderkrippen, beginnt. Unsere Erzieher und Erzieherinnen leisten schon bei den Kleinsten enorm wichtige Bildungsarbeit, dies führt sich weiter fort in den Kindergärten bis hin zu den Horten. In der Bildung liegt der Schlüssel zu Wegen aus der Armut, zu mehr sozialer Gerechtigkeit, zu echter Chancengleichheit. Und gerade hier, bei der Bildung, brauchen wir gleiche Chancen, für alle und von Anfang an. Bildung kann und darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen!

Kinderbetreuung ist eine zentrale Aufgabe der Kommunen. Und hier liegt auch die Chance, dass die Kommunen Bildungsgerechtigkeit über die Stellschraube der Gebühren herstellen. Grundsätzlich würde ich mir wünschen, dass der Besuch einer Kinderbetreuungseinrichtung für alle kostenlos ist. Ebenso wie der Besuch von Schulen. Wir alle wissen, dass kommunale Versorgungsaufgaben im sozialen Bereich in der Regel ein Defizit aufweisen. Im Falle Murnaus sprechen wir von ca. 1 Million Euro pro Jahr, die die Gemeinde als Zuschuss gewähren muss, trotz der Elternbeiträge und Zuschüsse vom Land.

Trotzdem gibt es Kommunen, die es geschafft haben, den Besuch von Kinderbetreuungseinrichtungen gratis zu machen. Als Beispiel sei die Gemeinde Garching genannt, die Stadt Salzgitter, ja sogar in Berlin ist das möglich. Es stellt sich eben die Frage, wo können wir umverteilen? Wo unsere Prioritäten anders setzen? Was leisten wir uns? Ein neues Bild fürs Schlossmuseum? Eine neue Straße? Zig neue Projekte? Oder investieren wir lieber in unsere Zukunft, nämlich unsere Kinder? Müssen wir jedes Jahr weniger Schulden auf dem Papier aufweisen oder wäre es sinnvoller, Geld in die Hand zu nehmen um dafür dann langfristig als attraktiver Ort zum Leben für Familien bestehen zu können? Murnau wird immer teurer, viele Familien ziehen weg oder gar nicht erst hier her. Eine Gratis Kinderbetreuung könnte ein entscheidender Standortfaktor für die Attraktivität Murnaus als Wohnort für Familien sein.

Indem wir jetzt per Mehrheitsbeschluss die Gebühren erhöhen, entziehen wir möglicherweise wieder weiteren Kindern die Chance, eine unsere Bildungseinrichtungen zu besuchen weil es für die Eltern nicht mehr erschwinglich ist. Wir sparen also indirekt wieder bei denen, die es am Nötigsten hätten. Gerade für Kinder aus dem sog. Bildungsfernen Milieu ist es elementar, dass sie eine möglichst frühe Förderung erfahren, und nicht erst dann, wenn es oft schon zu spät ist.

Es wird argumentiert, dass eine Erhöhung von ca. 5 Euro im Schnitt verträglich sei. Ich glaube aber, dass sich viele von uns – zum Glück – gar nicht vorstellen können, wie viel 5 Euro für so manche Familie sind. Für 5 Euro kann man fast 6 Leib Brot beim Discounter kaufen. Oder ein paar gebrauchte Schuhe auf dem Basar. Oder 2 T-Shirts. Oder 2 Stück Butter und 3 Packungen Käse in Scheiben. Eine ganze Menge also. Und ja, es gibt sehr viele Menschen, die jeden Cent öfter umdrehen müssen. Das ist keine Geiz ist geil Mentalität sondern ist in Murnau aufgrund der extrem hohen Mieten und allgemeinen Lebenshaltungskosten leider bittere Realität.

Ja, sicher, es gibt die Möglichkeit eine (Teil)Übernahme der Kosten durch die Gemeinde. Doch dazu muss man einen Antrag stellen, sich quasi finanziell ausziehen. Die Schamgrenze dies zu tun, ist jedoch sehr hoch.

Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass bei Buchung eines Vollzeitplatzes in einem Kindergarten, eine Familie inklusive Mittagessen dafür schon fast das komplette Kindergeld ausgeben muss. Bei den Krippenplätzen sogar das Doppelte. Und damit ist es ja nicht getan, in der Regel braucht man dann auch noch ein zweites Paar Gummistiefel, Matschhosen etc. für die Einrichtung. Diese Kosten kommen dann noch mal oben drauf. Jeder weiß, wie schnell Kinder wachsen.

Und nein, ich denke nicht, dass bei einer Kostenfreiheit der Einrichtungen dann – wie von der CSU vermutet – eine „Abschiebementalität“ einsetzen würde. Das ist kompletter Unsinn, es gibt ja zig Beispiele wo das gut funktioniert.

Bei der jetzigen Erhöhung – also im Prinzip der Weitergabe der gestiegenen Personalkosten an die Eltern – sprechen wir insgesamt von ca. 20000 Euro pro Jahr für alle Einrichtungen, also alle Krippen, Kindergärten und Horte. In der entsprechenden Sitzung des Gemeinderats haben wir einen Zuschuss über 50000 Euro für den Kulturverein beschlossen, einen Wirt- schaftsförderer eingestellt, einen neue Stelle für die Leitung der Touristinfo ausgeschrieben etc. Überall leisten wir uns etwas, um dadurch in die Zukunft zu investieren. Nur in Sachen Bildung anscheinend nicht. Traurig aber wahr, bei Bildung und Sozialem wird eben immer zuerst gespart. Unsere Kinder sollten uns mehr wert sein.

Da ich davon ausgehe, dass es mir auch in den nächsten 5 Jahren Gemeinderat nicht gelin- gen wird, meine Kolleginnen und Kollegen von einer Gratisbetreuung zu überzeugen, ist für mich der nächste logische Schritt wenigstens eine Staffelung der Gebühren nach dem Ein- kommen der Eltern. Hierzu werde ich in den nächsten Monaten einen Vorschlag ausarbeiten, der nicht nur das Einkommen der Eltern sondern auch die Anzahl der Kinder berücksichtigen soll um dann somit wenigstens ein wenig mehr für Gerechtigkeit zu sorgen.

Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Veronika Jones
Sprecherin Ortsverband Murnau & Umgebung
Marktgemeinderätin
Referentin für Kinderbetreuung und Jugend

Kategorie

Murnau Gemeinderat

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